Drabenderhöher Gruppen gestalteten den Heimattag der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl mit

Mit der „Festmusik“ von Richard Wagner eröffneten das Blasorchester Siebenbürgen-Drabenderhöhe unter Leitung von Johann Salmen im Festsaal der Schranne das Heimattreffen der Siebenbürger Sachsen, das alljährlich in Dinkelsbühl stattfindet. Neben dem Blasorchester gestalteten Honterus-Chor, Kinder-Volkstanzgruppe und die Erwachsenen-Tanzgruppe das Pfingstwochenende mit, das durch Brauchtumsveranstaltung, Podiumsdiskussionen, Ausstellungen und Liederabende bereichert wurde.

Großer Anziehungspunkt war – wie immer – die Verkaufsausstellung des Siebenbürgisch-Deutschen Heimatwerks aus Drabenderhöhe. Für Uta Beckesch und ihre Mitstreiterinnen gab es alle Hände voll zu tun. „Dinkelsbühl sind Tage voller Stress“, so Beckesch, die ebenso wie Edith Foith seit 25 Jahren ehrenamtlich für das Heimatwerk arbeitet. Tatkräftig unterstützt werden sie dabei seit einigen Jahren von Ditta Janesch und Kathi Drotloff. Ein Blick in das katholische Pfarrhaus zeigt: Hier stehen die Besucher in Dreier-Reihen vor dem Verkaufsstand, möchten nicht nur kaufen sondern auch beraten werden.

Jacqueline Melzer aus Drabenderhöhe bei der Veranstaltung „Unser Nachwuchs präsentiert sich“

„Wir haben uns eingebracht und vorbildlich eingelebt, ohne unsere Kultur zu vergessen“, betonte zu Beginn des Festakts in seiner Begrüßung Rainer Lehni, Vorsitzender der Landesgruppe NRW, die Mitausrichter des Heimattreffen war. Das Motto „Wir gehören dazu – Dank und Verpflichtung“ sollte an das vor 60 Jahren in Kraft getretene Bundesvertriebenengesetz erinnern. Die Jugend sei Garant für die Zukunft, so Lehni, dessen Dank an die Landesregierung ging, die die größte Stütze beim Bau der Siedlung in Drabenderhöhe Mitte der 60iger Jahre gewesen sei. Sein besonderer Gruß galt unter anderem Dr. Christoph Hammer, Oberbürgermeister der Stadt Dinkelsbühl und Zülfiye Kaykin, Staatssekretärin beim Minister für Arbeit, Integration und Soziales des Landes NRW.

Anfangs seien ihm die Siebenbürger Sachsen relativ fremd gewesen, betonte Bürgermeister Hammer in seinen Grußworten, der zum zehnten Mal das Pfingstreffen begleitete. Besuche in Schäßburg hätten geholfen Vergangenheit und Mentalität der Menschen zu begreifen. Sie hätten nicht nur großes Kulturgut mitgebracht sondern auch wesentlich zur wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland beigetragen. Die Geschichte müsse lehren, jetzt und in Zukunft das richtige zu tun. Hammer drückte seine Freude über die Begegnungen und Gespräche aus, „es liegt ein Brummen in der ganzen Stadt“.

Staatssekretärin Kaykin überbrachte Grüße vom Patenland NRW und deren Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Sie zeigte sich stolz darüber, dass Nordrhein-Westfalen das Heimattreffen mit ausrichte und zitierte aus einem Lied von Peter Maffay: „Auf dem Weg zu mir“ unter anderem die Worte: „Ich stehe wieder auf, auch wenn ich am Boden bin.“ Das sei eine harmlose Beschreibung dessen, was den Siebenbürger Sachsen widerfahren sei, meinte Kaykin und erinnerte an Flucht, Vertreibung und Unterdrückung verbunden mit Repressalien. „Wer blieb, verlor seinen Besitz.“ Vertreibung und Entrechtung waren und seien Unrecht, so Kaykin. Sie bescheinigte den Siebenbürgern einen großen Beitrag zum Wiederaufbau des zerstörten Deutschlands geleistet zu haben. Respekt habe sie davor, dass die Siebenbürger trotz allen Leids an der Aussöhnung Europas mitgewirkt hätten und ein Beispiel dafür seien, dass Integration gelinge ohne Traditionen aufzugeben.

„Wir Siebenbürger Sachsen haben dazu beigetragen, grenzüberschreitende Freundschaften zu schließen“, betonte Dr. Bernd Fabritius, Bundesvorsitzender Verband der Siebenbürger Sachsen, als er Teodor Ovidiu Cretu, Bürgermeister aus Bistritz auf die Bühne bat. Er zeichnete Cretu mit der höchsten Auszeichnung des Verbandes aus, mit dem „Goldenen Ehrenwappen“. Die Auszeichnung geschehe in dankbarer Anerkennung für seinen Umgang mit den Siebenbürger Sachsen und seinen Einsatz beim Wiederaufbau der abgebrannten Bistritzer Kirche. Cretu drückte seine Freude über die Ehre aus, die er als Bürgermeister einer rumänischen Stadt erhalten habe. Er sehe es als Pflicht an, das Kulturerbe der Siebenbürger Sachsen zu erhalten. Den Brand in der Kirche habe er als „Ohrfeige von oben“ gesehen. Danach hätte man die Kräfte gebündelt und das wieder hergestellt, was durch den Brand zerstört worden sei. „Die Bistritzer haben begriffen, was sie hätten verlieren können“. – Und „Wir wollen, dass die Stadt wieder so aussieht, wie es früher mal war.“

Während das Blasorchester im Festzelt und vor der Schranne Tausende von Menschen mit ihrer Musik unterhielt, präsentierte sich der Honterus-Chor unter Leitung von Regine Melzer noch mit dem Singspiel „Ein Jahr im Weinberg“. Außerdem gestaltete der Chor am Sonntag in der St. Pauls-Kirche gemeinsam mit dem Stephan-Ludwig-Roth-Chor aus Setterich den Pfingstgottesdienst, der feierlich mit einem Kanon zur Jahreslosung eröffnet wurde: „Wir haben hier keine bleibende Stadt“. Die Predigt hielt Dr. Daniel Zikeli, Bischofsvikar EKR.

Bei strahlendem Sonnenschein präsentierten sich vormittags vor der Schranne die Volkstanzgruppen der Siebenbürgischen Jugend Deutschlands aufs Feinste. „Aus Tradition und Liebe zum Tanz“ hieß die Veranstaltung, die deutlich machte, wie viele junge Menschen ihr Herz dem Volkstanz geöffnet haben. In ihren siebenbürgischen Trachten waren die Tänzer im Alter von drei bis 70 Jahren eine Augenweide für das Publikum und wurden für ihre Darbietungen mit viel Beifall belohnt.

Höhepunkt des Begegnungsfestes war natürlich am Nachmittag der große Festzug, an dem rund 2000 Menschen in siebenbürgischen Trachten teilnahmen. Angeführt von der Dinkelsbühler Knabenkapelle zog ein farbenfroher und prächtiger Zug an Tausenden von Besuchern vorbei, die immer wieder applaudierten. Bistritz Bürgermeister Cretu marschierte in siebenbürgischer Tracht an der Seite von Dr. Hans Franchy aus Drabenderhöhe beim Umzug mit. Prominentester Zuschauer war unter anderem Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und Rumäniens Außenminister Titus Corlatean sowie die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach.

Kaum waren die letzten Teilnehmer des Festzugs an den Tribünen vor der Schranne vorbeigelaufen, setzte heftiger Regen ein, so dass die Festredner ihre geplanten Reden kurz hielten. Seehofer: „Bei diesem Wetter hör ich bald auf“, dankte allen Gruppen und Teilnehmern für „diesen wunderschönen Festzug“. – „So was gibt es nur in Bayern“. Für September planen die Bayern einen Gedenktag für Heimatvertriebene, so Seehofer, denn „das, was Ihnen widerfahren ist, das darf sich nie mehr wiederholen“. Dr. Bernd Fabritius ernannte Seehofer zum Ehrensiebenbürger und überreichte ihm eine gestickte siebenbürgische Krawatte.

Titus Corlatean, Rumäniens Außenminister, drückte seine Hochachtung vor der Gemeinschaft und Leistung der Siebenbürger Sachsen aus. „Die Siebenbürger Sachsen sind und waren Brücken zwischen unseren beiden Ländern“, betonte Corlatean, der versprach, das Erbe der Siebenbürger zu pflegen, damit es erhalten bleibe.

Ursula Schenker

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