Martha Depner wird 98 Jahre alt: Blick zurück auf ein bewegtes Leben

Martha Depner, die morgen das 98. Lebensjahr vollendet, lebt immer noch in dem Haus, in das sie 1966 einzog und das seitdem „Zentrum für unsere Familie ist“, zu der die Söhne Wilhelm, Arno, Dieter, die Schwiegertöchter und neun Enkelkinder gehören.

Die Jubilarin, die als Martha Tittes im siebenbürgischen Helsdorf zur Welt kam, blickt auf ein bewegtes Leben zurück: Sie war 21 Jahre alt, arbeitete in Hermannstadt als Sozialpädagogin, als sie zur Zwangsarbeit nach Russland verschleppt wurde. Ein Schicksal, das sie mit rund 70.000 Deutschen in Rumänien teilte. Über 9000 Personen überlebten die Zeit der Deportation nicht. Ein Trauma, das sie ein Leben lang begleitete: „So etwas kann man nicht vergessen. Es verfolgt einen immer.“

Es war am 3. Februar 1945, „der Tag an dem ich 22 Jahre alt wurde“, als sie nach wochenlanger Fahrt in einem Viehwaggon im eingezäunten Lager Donbass/Stalingrad abgeliefert wurde. „Wir mussten auf Eisenbetten ohne Matratzen und Decken schlafen. Minus 20 Grad, Läuse, Wanzen und Krätze quälten uns.“ Depner wird für die schwere und gefährliche Arbeit an Hochöfen eingesetzt. Hitze, Feinstaub und das wenige Essen, etwas Brot und Sauerkrautsuppe, machen sie krank. Mit TBC und 35 Kilo an Gewicht wird sie im Oktober 1946 aus dem Lager entlassen. Auf einem Bauernhof im Magdeburger Land wird sie wieder aufgepäppelt, macht sich danach auf den Weg nach Österreich, wo sie ihren Jugendfreund Helmut Depner nach sechs Jahren wieder sieht und ihn im August 1949 heiratet. „Wir waren arm wie die Kirchenmäuse, aber gesund und wir konnten arbeiten.“

Sie folgen einem Cousin ihres Mannes nach Frankreich, pachten eine kleine Landwirtschaft. 14 Jahre später reisen sie aus, „weil wir Sehnsucht nach der deutschen Sprache hatten“, kommen nach Drabenderhöhe, wo sie sich sofort heimisch fühlen. Die Jubilarin findet Arbeit als Umspinnerin in der Gummibandweberei Müller. Viele Jahre engagierte sie sich als Nachbarmutter, schreibt mit Inge Bell eine Nachbarschaftschronik. „Wir Nachbarn haben gegenseitig angepackt beim Bau der Häuser, wenn jemand in Not war oder haben kleine Meinungsverschiedenheiten geschlichtet. Genau so wie es früher in der Heimat war.“ Zwischen 1980 und 1991 kamen neun Enkel zur Welt und ich habe überall geholfen“, sagt die Jubilarin, die ihre Nähmaschine oft stundenlang laufen ließ und immer sehr beschäftigt war. „Es waren oft schwere aber auch sehr schöne Zeiten“, sagt Depner, die ihren Lebensabend im eigenen Haus genießt, in dem sie mit Sohn Arno und Schwiegertochter Karin wohnt, die „mein guter Engel ist“. Über 30 Jahre verstärkten sie und Ehemann Helmut, der 2013 starb, nicht nur mit ihren Stimmen den Honterus-Chor. Ihr Mann war bei Aufführungen der Theaterstücke in siebenbürgischer Mundart beim Katharinenball viele Jahre der Star auf der Bühne.

Ursula Schenker

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