Flüchtlingsunterbringung: „Brächen ist ein Puzzlestück in unserer Dezentralisierungsstrategie“

Die Informationsveranstaltung am 25. Januar 2024 im Gemeindehaus Drabenderhöhe zum Thema Flüchtlingsunterbringung in Brächen lockte über 200 Bürger an. Im ehemaligen Altenheim „Haus Oberberg“ in Brächen soll eine Flüchtlingsunterkunft für rund 35 Personen entstehen.

Neben Bürgermeister Ulrich Stücker informierten auch der erste Beigeordnete Peter Madel, Alexandra Noss (stellvertretende Dezernatsleitung), Andreas Zurek (Hochbau), Andrea Stawinski (Soziales), Muhamed Toromanovic (Flüchtlingsbetreuung) und Thomas Otte (Hausmeistertätigkeiten in Flüchtlingsunterkünften) die Anwesenden.

Bürgermeister Ulrich Stücker erläuterte am Anfang der Veranstaltung die geplante Strategie der dezentralen Unterbringung von geflüchteten Menschen in Wiehl und versprach, den umfangreichen Fragenkatalog, den ihm die Brächener im Vorfeld der Veranstaltung haben zukommen lassen, auch noch ausführlich schriftlich zu beantworten. Als er sagte, dass in Brächen bis zu 40 Leute untergebracht werden sollen, gab es vernehmbare Unruhe im Saal, da bisher immer nur von 30 bis 35 Leuten die Rede war. Später wurde dann aber klargestellt, dass tatsächlich nicht mehr als 35 Personen in Brächen untergebracht werden sollen, es aber kurzfristig auch mal zwei bis drei Personen mehr sein könnten.

Bürgermeister Ulrich Stücker informierte über die geplante Flüchtlingsunterbringung in Brächen. Foto: Christian Melzer

Peter Madel berichtete über die derzeitige Flüchtlingssituation in Wiehl. 50% der Flüchtlinge in Wiehl würden aus der Ukraine stammen, 22% aus Syrien, 14% aus Afghanistan und 12% aus dem Irak, rund 400 Leute sind zur Zeit in Wiehl untergebracht, davon 62% männlich. Unterkünfte einer ähnlichen Größenordnung wie in Brächen geplant gibt es bereits in Drabenderhöhe in der Kronstädter Gasse, in Alferzhagen und in Wiehl in der Friedhofstraße und Bahnhofstraße. Die Stadt Wiehl hätte mit dieser Art der dezentralen Unterbringung gute Erfahrungen gemacht. Es sollen auch weiter Immobilien erworben werden, um die Lage in Wiehl durch die dezentrale Unterbringung erträglich zu halten. „Brächen ist ein Puzzlestück in unserer Dezentralisierungsstrategie.“

Was genau mit dem Gebäude des ehemaligen Altenheims in Brächen geplant ist, erläuterte Andreas Zurek: Alle Räume werden einzeln „durchrenoviert“ und erhalten eine Küchenzeile, und auch eine neue Heizung wird eingebaut. Es könne zwar nicht in jedem Zimmer auch eine Dusche bereitgestellt werden, aber die Struktur des Gebäudes sei nicht schlecht. Die Renovierung beginnt in Kürze und soll bereits im September fertiggestellt sein. Die Kosten der Renovierung werden rund 600.000 Euro betragen, die aus einem Fördertopf des Landes kommen sollen.

Die Befürchtung vieler Teilnehmer, dass am Ende doch mehr Leute im ehemaligen Altenheim untergebracht werden würden, widersprach Bürgermeister Stücker. „Wir planen keine größeren Einheiten, auch wenn das möglich wäre. Punkt!“ Auch gäbe es in Wiehl bis jetzt keine Sicherheitsprobleme, sollte es zu Problemen mit einzelnen Flüchtlingen kommen, werde „hart durchgegriffen“.

In der anschließenden Fragerunde wurden unterschiedlichste Themen angesprochen, unter anderem die mangelnde Kapazität der Gesundheitsversorgung, der Engpass bei der Kinderversorgung (hier sei eventuell ein Ausbau der DRK-Kita Adele Zay geplant). Die schlechte Verkehrsanbindung und die Unzuverlässigkeit der Buslinie 319 mit der Anbindung an Bielstein und Wiehl wurden angesprochen (eine Patentlösung gäbe es nicht, aber mit der OVAG sei man im ständigen Austausch, um die Situation zu verbessern, auch der Monti könne für eine bessere Verkehrsanbindung sorgen und die App solle in Zukunft möglichst auch in Englisch angeboten werden). Dominik Seitz, Ratsmitglied aus Drabenderhöhe, sprach diese Probleme auch an und meinte: „Der Monti allein ist keine Lösung.“

Nach Nachfragen zur Aufenthaltdauer der Flüchtlinge erläutere Andrea Stawinski, dass die Flüchtlinge für eine längere Zeit zugewiesen werden, es wird kein Kommen und Gehen geben, im Durchschnitt sei von einem Aufenthalt von zwei bis drei Jahren zu rechnen.

Von einem Bürger wurde die ungleiche Verteilung der Flüchtlinge auf dem Wiehler Gebiet angesprochen, in der Kronstädter Gasse gäbe es bereits eine Unterkunft, nun käme Brächen dazu und eine weitere sei schon geplant. „Wiehl ist so groß, warum werden alle Flüchtlinge nach Drabenderhöhe abgeschoben?“ Als er von „Abfällen der Migration“ sprach, wurde es im Gemeindehaus unruhig. Ulrich Stücker ermahnte: „Emotionen sind okay, aber wir wollen bitte weiterhin vernünftig diskutieren.“

Ein weiterer Brächener Bürger äußerte, dass man zuerst auf die Bürger hätte zugehen sollen und dass ein „Tag der offenen Tür“ in dem ehemaligen Altenheim wünschenswert sei.

Gerhard Hermann, in der Flüchtlingshilfe tätig, lobte den Sprachunterricht mit den Ukrainern und sagte, die Geflüchteten seien dankbar für dieses Angebot. „Hut ab, dass Wiehl das so gut hinbekommt.“

Ein Bürger bot an, ein Basketballangebot mit Flüchtlingen, das es früher schon mal gab, als Integrationsmaßnahme wieder einzuführen. Auch andere Ideen wurden geäußert. Andrea Stawinski freut sich, wenn Bürger auf die Flüchtlinge zugehen und helfen wollen, aber man müsse auch immer sehen, was sich die Flüchtlinge selbst wünschen und eine Bevormundung vermeiden.

Ein gegenüber dem ehemaligen Altenheim wohnender Bürger meinte, Brächen sei in den letzten Jahren extrem gewachsen, aber es fehle jede Art von Infrastruktur. Städtebaulich müsse in Brächen mehr geschehen.

Über 200 Besucher waren bei der Bürgerinformationsveranstaltung mit dabei. Foto: Günther Melzer

Ein seit 1966 in Brächen ansässiger Bürger machte sich Sorgen darüber, dass die Menschen auf die falsche Spur geraten könnten, wenn sie keine Beschäftigung finden. Es sei wichtig, den Menschen Perspektiven zu geben.

Eine nah am geplanten Flüchtlingsheim wohnende Bürgerin befürchtete Müll und Lärmbelästigung, gerade wenn junge Leute einziehen. Sie lud Bürgermeister Stücker zu sich ein, der das Angebot zum Kaffee gerne annahm.

Eine weitere Bürgerin, die in der Flüchtlingshilfe tätig ist, sagte, man müsse keine Angst vor den Leuten haben. Sie hätte nur gute Erfahrungen gemacht. „Gehen Sie auf die Leute zu, seien Sie offen.“

Zum Schluss bedankte sich Bürgermeister Stücker für viele gute Anregungen und die Diskussion. Den von einem Bürger angeregten „Tag der offenen Tür“ wolle man auf jeden Fall umsetzen und auch eine weitere Infoveranstaltung soll es in der zweiten Jahreshälfte geben.

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2 Antworten auf „Flüchtlingsunterbringung: „Brächen ist ein Puzzlestück in unserer Dezentralisierungsstrategie““

  1. Die Sportangebote, insbesondere das Angebot des Basketballkurses ,wurde im Jahre 2015/2016 von den geflüchteten Menschen, die damals ausschließlich in Drabenderhöhe untergebracht waren, sehr gut angenommen. Vor allem Familienväter haben zusammen mit ihren Kindern daran teilgenommen. Für die Integration ist dieses Sportangebot ein wesentlicher Bestandteil !!
    Wie sollen aber die in Brächen untergebrachten Flüchtlinge daran teilnehmen? Es ist sehr unwahrscheinlich , dass in den Abendstunden Flüchtlinge mit kleineren Kindern , für eine Stunde Sport, zwei Kilometer zu Fuß nach Drabenderhöhe in die Sporthalle gehen und anschließend wieder zwei Kilometer zurück nach Brächen .
    Die Teinahme am Sportangebot wird den in Brächen lebenden Flüchtlingen wohl verwehrt bleiben.
    Lösungskonzepte für die mangelhafte Infrastruktur und die Mobilitätsprobleme die mit dem Standort Brächen verbundenen sind wurden leider nicht genannt und sind wohl auch nicht vorhanden. Dies ist nur ein Teil der ungelösten Problematik bei der Flüchtlingsunterbringung an diesem Standort.

  2. Bürgerversammlung 25.1.2024:
    Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer obiger Veranstaltung,
    auf diesem Wege entschuldige ich mich für mein unsachliches und entgleisendes Auftreten an jenem Abend. Es tut mir sehr leid, die Veranstaltung durch mein Benehmen so gestört zu haben.
    Knut Jäkel

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